Von Anke Recktenwald,
Souveräne Lehrer erleben wir nicht nur im Unterrricht. Oft begegnen Sie uns als Haustiere, mit denen wir arbeiten. Ob Pferde oder Hunde – souveräne Persönlichkeiten lehren uns einen respektvollen Umgang mit einander.
Oft wird über sie geredet: die Leitpferde. Marc Rashid hat ein neues Denken in diese Richtung gebracht. Dass sie nicht unbedingt die stärksten sind, die sich nach oben prügeln und sich nichts gefallen lassen, sondern Pferde die Ruhe und Sicherheit ausstrahlen und denen sich die andern gerne anschließen. Pferde, die sich nicht um ihr Futter schlagen, sondern mit fressen lassen.
Ein weiteres Gerücht ist, dass Pferde dem Menschen gegenüber dominant sein wollen, vor allem die Leitpferde. Ich hatte das Glück eines kennen und lieben zu lernen, das – ganz souverän – das Gegenteil beweist.
Ein Geschenk des Himmels Mein Freund Barnie: Er hat mir gezeigt, dass ein wahres Leitpferd freundlich ist. Zu seiner Pferdefamilie, ebenso wie zu den ihm anvertrauten Menschen. Barnie: Ein Kleinpferd, entstanden durch die Klugheit der Mutter, die die Türen zu seinem Vater öffnete und so ein 1, 45 m großes, unglaubliches Pferd geschaffen hat.
Barnie hatte das Glück sein ganzes Leben bei dem-selben Besitzer zu leben. Ihm gehörten schon Mutter und Vater, Barnie wurde dort geboren und starb dieses Jahr im Alter von 29 Jahren auch dort.
Barnie, ein wahrere Führer Wir waren viel mit ihm unterwegs, auf Herbstjagden (nur im 1. Feld), Wanderritten, Distanzritten, in der Dressurbahn, haben Steigen geübt und Westernreiten. Er wurde Kutsche gefahren, hat eine Egge über seine Koppeln gezogen, den Mist in die umliegenden Gärten gefahren, Jungpferde als Handpferde mit erzogen, und vieles mehr. Einfach ein Allroundpony.
Doch was ihn so Besonders machte, war sein Umgang mit unsicheren Menschen und andern Pferden.
Barnie war ein Renner, und auf den Meutejagden nicht wirklich gut zu kontrollieren. Aber wenn es drauf ankam, war er sicher. Ritt ihn eine Anfängerin, machte er keinen falschen Schritt. Er war sanft und korrekt. Obwohl er schon seit seinem 2 Lebensjahr vor einer Kutsche her lief, anfangs als Jungpferd neben seiner Mama, hatte er immer etwas Angst vor Kutschen hinter sich. Nur das tiefe Vertrauen in seinen Besitzer, Albert Meiser, lies ihn seine Arbeit immer wieder gut machen. Als ich eine Freundin mal zum Ausritt mit nahm, die als Kind mal geritten war, wusste ich, er kümmert sich um sie, auch wenn sie nicht reiten kann. Er weiß, wann er halten und gehen muss. Doch dann kam eine Kutsche von hinten, und wir konnten nicht ausweichen.
Ich schaute zurück in seine Augen, die mir zeigten, dass er ziemlich besorgt war. Zugleich sah ich aber auch, dass er seinen Schritt und seine Körperspannung nicht änderte. Er wusste, er trug die Verantwortung und er ging ganz brav weiter, signalisierte der Reiterin: “Alles in Ordnung”. Solche Erlebnisse hatten wir viele mit Barnie.
Auch für mich war er immer da in der Not. Bei einer Jagd hatte ich mich entschlossen als letze im Feld über die Sprungstrecke zu reiten. Ich hatte etwas Abstand zur Gruppe als ich angaloppierte. Ich hatte offenen Zügel und ein Zügel fiel mir 5 m vor dem ersten Sprung zu Boden. Noch bevor ich mir Gedanken machen konnte, wie das jetzt weiter geht, mit dem vor mir her galoppierenden Jagdfeld, stand mein Pony, dass sonst schon lieber an der Spitze lief. Es war wichtig, er wusste es und ich konnte meinen Zügel in Ruhe aufnehme und weiter reiten.
Ein guter Gastgeber Ebenso unglaublich war zu sehen, wie er mit andern Pferden umging. Er begrüßte jedes neue Pferd in unsere Herde freundlich wiehernd. Mit offenen Augen und liebem Gesicht hieß er sie willkommen. Er stritt sich mit keinem. Keine Bisse, kein Treten. Mal ein Ohrenanlegen beim Füttern, mehr nicht. Die andern stritten sich darum, wer näher bei ihm stehen durfte, doch er selbst war immer souverän. Und unangefochtenes Leitpferd. Er wurde nie in Frage gestellt. Er zeigte mir, dass Pferde so etwas suchen, und das es meine Aufgabe als „Leittier“ ist ein souveräner, liebenswerter Partner zu sein, bei dem es sicher und angenehm ist.
Meine Stute Mahmoonah war ein defensives Pferd. Sie wich andern Pferden aus, wollte keinen Streit und wäre mit einem andern Pferd nicht in einen Stall gegangen aus dem es keinen sicheren Fluchtweg gab. Mit Barnie konnte sie auf engstem Raum ruhig stehen, sie wusste, es drohte keine Gefahr. Er würde nie einen Platz beanspruchen, den das andere Pferd jetzt nicht frei machen kann. Er hat ihr nie gedroht oder sie gebissen, auch nicht, wenn es ums Futter ging. Er hat sich mit seinem Kopf in ihrer Futterschüssel ausgebreitet, sobald die Gelegenheit war, aber mehr auch nicht.
Wenn Ponys lieben Als er Hufrehe hatte und in der Rekonvaleszenz nur für 15 Minuten auf die Wiese durfte, lies er sich von seinem Pflegekind dennoch auch schon nach 5 Minuten problemlos weg führen. Er übernahm die Verantwortung, auch wenn das bedeutete noch weniger Gras zu haben, und ihr ahnt was das für ein Pony heißt. Er liebte seine kleinen Freunde, Wenn der Kindergarten zu unsern Pferden zu Besuch kam, stand er still wie eine Statue auf der Weide, solange sie um ihn herum liefen. Mahmoonah hielt dann immer Abstand. Ihr waren die wuselnden Kinder und die Verantwortung die das für sie bedeutete zu viel. Ich glaube, Barnie blinzelte nicht mal. Erst wenn nur noch ganz wenige da waren, und die alle vor ihm, bewegte er langsam seinen Kopf.
Er trug dabei kein Halfter, er hatte Selbstkontrolle, Verantwortungsbewusstsein und eine hohe Achtsamkeit. Vertrauen gewinnend
Interessanterweise trauten sich auch Menschen zu ihm, die sich normalerweise vor Pferden fürchteten. Sie erkannten sehr schnell, dass er ihnen nichts tat. Sie auch nicht aus Unachtsamkeit schubste oder auf die Füße trat. Er war mein größter Lehrer zu lernen, was einen souveränen Führer ausmacht
Als junges Pferd war er kein einfaches Pferd und die Routine seines Besitzers hat ihm sehr geholfen, zu werden was er war. Routine bedeutet in dem Fall Gleichmäßigkeit. Für alles gab es eine Regel. Ohne Gewalt war die Konsequenz seines Herrn sein bester Lehrer. Still stehen können war eine der wichtigsten Regeln, wie das meist bei Fahrpferden ist. Barnie kannte seine Regeln, war aber dennoch ein temperamentvolles Reitpferd. Für erfahrene Reiter eine Freude und manchmal auch eine Herausforderung. Für Anfänger: sicherer Lehrer. Die Tellington Arbeit forderte neue Wege, er wurde flexibler. Der Umgang mit ihm wurde immer respektvoller und achtsamer und so konnte er mehr und mehr sein volles Potential als wahres Leitpferd entwickeln. Die letzen Jahre war er immer unglaublich verantwortungsvoll. Er begegnete mir stets liebevoll, mitdenkend und achtsam, wie ein wunderbarer Freund. Ich bin so dankbar ein Pferd wie ihn kennen gelernt zu haben, ich habe bis heute noch kein zweites getroffen, das sich selbst so gut kontrollieren konnte, nicht weil es das gelernt hatte, sondern weil das konnte und wollte.