Selbsthilfe für den besseren Galopp

Feldenkrais für besseren Galopp

Wie ich experimentiere und, neben meiner Körperwahrnehmung, auch meine Möglichkeiten schule, am Beispiel des Angaloppierens.

Laufen und Reiten sind sehr ähnliche Bewegungsabläufe, spiegeln wir doch als Reiter die Laufbewegung des Pferdes. Und so kann man auch das Joggen gut als Übungsmittel fürs Reiten verwenden.

Wenn ich zum Beispiel bergab laufe, fällt es mir sehr leicht in Galopp zu wechseln und schon kann ich gut beobachten, welche Hand ich gewählt habe. Und stelle fest, es ist meist die Gleiche.

Neugierig probiere ich aus, auf der anderen Hand anzugaloppieren und forsche, was der Unterschied ist. Wo bin ich unbequemer, oder was ist weniger leicht.

Je deutlicher ich einen Unterschied spüre, desto weniger wundere ich mich, dass auch das Pferd mit mir bevorzugt auf einer Hand galoppiert und auf der anderen nicht. Ich erinnere mich an Sally Swifts Übung, Arm hoch und es verbessert sich.

Natürlich probiere ich beide Seiten aus, Veränderungsmöglichkeiten sind immer interessant, auch da wo es schon gut ist.

Ich spüre, dass mein Hüftgelenk sich nicht so leicht beugt auf der einen Seite, oder dass mein Brustkorb sich nicht so gern dahin dreht. Was hat denn mein Brustkorb mit Galopp zu tun?

Ich laufe weiter, im Trab jetzt und bin neugierig geworden. Ich beginne um Bäume Slalom zu laufen, Volten anzulegen und beobachte wieder, ob es eine Einseitigkeit gibt, in den Hüftgelenken und im Brustkorb. Und wieder erkenne ich das gleiche Thema, wie beim Angaloppieren.

Und auch beim Geradeauslaufen merke ich nun, dass mein Becken sich lieber nach links dreht, als nach rechts, und so der linke Fuß auf weiter nach vorne geht, als der rechte. „Mhh, ich habe Taktfehler.“

Wie schön wäre es jetzt jemand zu haben, der Tellington Beinkreise mit mir macht, oder ein paar Zick Zack-TTouch am Rücken oder Rippen lösen, aber ich bin gerade alleine, also ab nach Hause und auf die Feldenkrais-matte zum weiter forschen.

Zuerst spüre ich auf dem Rücken liegend meine Auflagefläche. Was liegt rechts anders auf als links. Schon in den Fersen ist ein Unterschied spürbar, oder in dem Gefühl für die Länge meiner Beine, und ich merke, dass eine Beckenseite anders aufliegt als die andere, ebenso die Schulterblätter.

Ich scanne meinen Körper, stelle mir vor, ich hinterlasse einen Abdruck auf dem Boden und merke mir wie der aussehen würde.

Ich beginne eine. kleine Feldenkrais- Lektion:

Das Becken rollt ein klein wenig nach rechts und zurück zur Mitte und dann etwas nach links und zurück zur Mitte. Wie rollt es? Welche Seite ist leichter?

Beginne mit dem was leicht ist.

Als Beispiel nehme ich jetzt die linke Seite. Dahin rollt mein Becken gerade lieber. Dann schlage ich mein linkes Bein über das rechte, und stelle den rechten Fuß bequem. Nun lasse ich meine Beine so gekreuzt nach links sinken und bringe sie wieder zurück. Ich lasse sie nur soweit sinken, dass es mich nicht viel Aufwand kostet sie zurück zu bringen, so dass ich ganz ohne Anstrengung beobachten kann, was sich mit dreht.

Ich spüre wie mein Becken seinen Druckpunkt verändert und folge mit meiner Aufmerksamkeit der Kettenreaktion durch den Körper. Wenn das Becken rollt, was folgt ihm als nächstes. Und wie weit hinauf in den Brustkorb kann ich dieser Bewegungskette folgen. An einem Punkt des Sinkens spüre ich einen leichten Zug an der rechten Schulter. Der ideale Zeitpunkt zurück zu kehren, denn die Schulter soll liegen bleiben.

Ich wiederhole die Bewegung oft, lasse meine Aufmerksamkeit immer zu anderen Punkten wandern:

Atme ich noch frei und ungestört?

Wie verändert sich die Form meiner Rippen bei der Bewegung. Beginne ich das Sinkenlassen mit dem Ein- oder Ausatmen und was macht es einfacher?

Welche Bewegung geschieht in der Innenseite meines Schulterblattes, wenn ich der Schulter nicht erlaube sich zu heben?

Wohin möchte sich mein Kopf bewegen?

Viele Fragen. Es braucht Zeit sie zu beantworten, also bewege ich mich so langsam wie möglich und höre genau zu, was mein Körper mir erzählt. Je weniger ich mich anstrenge, umso mehr und umso feiner kann ich wahr nehmen. Genau wie bei der Arbeit am Pferd. Auch an einem anderen Körper spüre ich feiner und präziser, wenn ich es langsam und leicht tue.

Genug konzentriert, Beine lang, Arme lang, Pause.

Ups, ich liege anders.

Der Kontakt zum Boden fühlt sich anders an als zuvor. Echt schräg. Was hat sich verändert. Warum ist es anders? Manches liegt mehr auf, also haben sich wohl Spannungen, die meinen Körper eben noch vom Boden weg gehalten haben, gelöst und lassen ihn nun ausruhen. Schön!

Die andere Seite will das jetzt auch. Ok. Machen wir das Experiment auch da. Und schon in der 1. Bewegung erkenne ich, dass ich hier so einiges anders tue. Ich forsche nach, lasse mir Zeit.

Unterschiede zu fühlen ist so interessant. Es hilft beim Entdecken der verschiedenen Möglichkeiten. Und es verändert sich währenddessen.

Dann wieder eine Pause, Lernen findet in den Pausen statt, also lasse ich mein Gehirn lernen, während ich ausruhe

Warum half mein “Arm nach oben” der Bewegung? Probieren wir doch mit den Armen mal das Gleiche.

Hände zur Decke, Arme lang, Hände wie zum Klatschen aneinander gelegt. So bilde ich ein Dreieck mit meinen langen Armen und dem Schultergürtel, bzw. eine gedachte Linie zwischen den beiden Schultergelenken. Nun versuche ich dieses Dreieck zu einer Seite zu bewegen, ohne seine Form zu verändern. Damit das möglich ist, muss eine Schulter den Boden verlassen. Nun neigen sich die Arme und der Schultergürtel rollt, ebenso wie es vorhin noch beim Becken war. Was folgt jetzt dem Dreieck. Wo bewege ich mich, und was mag mein Kopf tun? Uiuiui immer wieder will der Arm sich beugen zu dessen Seite ich gerade rolle, ja leichter wär das um die Arme zur Seite zu bringen, aber der Rücken würde nicht so angesprochen, und ich will ja fühlen was mein Brustkorb tut, oder mein restlicher Körper.

Nach ein paar Forschungen zu dieser Seite ruhe ich mich erst mal wieder aus. Und wieder vergleiche ich meine jetzige Auflage mit der vorherigen. Neue Veränderungen.

Was alles möglich ist, wenn man mit kleinen, leichten Bewegungen spielt.

Ok, jetzt die andere Seite, wie geht das hier? Nach einer Weile wird die Bewegung größer, wie von selbst und ich merke, dass es irgendwann sogar an meinem Becken ein Echo der Bewegung gibt. Die Verbindung von Schulter zu Becken ist über diese Drehung gut zu finden.

Ich beginne zu spielen mit dieser Verbindung. Schlage mein linkes Bein wieder über das rechte, stelle mein Armdreieick her und nun lasse ich die Beine wieder nach links sinken und das Armdreieick auch.

Was passiert jetzt in der Verbindung der beiden großen, starken Bereiche Schulter-Becken.

Was tut mein Rücken?

Wie bewegen sich meine Rippen.?

Wohin will mein Kopf rollen?

Hab ich das herausgefunden, ändere ich das Spiel. Die Beine sinken weiter nach links, aber der Kopf rollt entgegengesetzt. Was ändert sich jetzt in den Bezugspunkten von eben?

Wenn ich die Beine zur anderen Seite sinken lassen will, schlage ich auch das rechte Bein über. Das schützt den unteren Rücken.

Am Ende liege ich wieder länger auf dem Rücken, schaue mit den Abdruck meines Körpers am Boden noch mal genau an, in allen Punkten. Wo spüre ich noch den gleichen Druck, wo liege ich weicher, voller oder leichter auf. Wie ist das Verhältnis der rechten Seite zur linken.

Nachdem ich meine neue Körperkarte kenne, rolle ich über eine Seite zum Sitzen und zum Stehen. Im Stehen spüre ich erst nach, was sich hier neu anfühlt.

Wie bequem stehe ich? Langsam drehe ich mich um, schau mal nach rechts, was hinter mir ist, mal nach links. Ist es ähnlicher geworden sich nach rechts und links zu drehen?

Ich geh ein bisschen herum, spüre wie ich mich bewege, gehe ein paar kleine Kreise nach rechts, ein paar kleine Kreise nach links. Wie fühlt sich das jetzt an?

Im Gehen sind feinere Unterschiede zu spüren als im Laufen, ich habe mehr Zeit. Dann stelle ich mir vor anzugaloppieren, einmal Rechtsgalopp, einmal Linksgalopp.

Wie viel Leichtigkeit habe ich nun?

Ist die Bewegung klarer geworden?

Ich lasse mir Zeit zu spüren, auch auf dem Weg zum Stall, denn nun will ich auch auf dem Pferd spüren, wie sich meine neuentdeckten Möglichkeiten aufs Reiten auswirken. Und bei der Volte im Galopp kann ich dann bald herausfinden ob ich die Leichtigkeit und gute Qualität auf beiden Händen gefunden habe.

Foto aus: Besser reiten mit #Feldenkrais; Rechte KOSMOS Verlag

Gut Ding will Weile haben

Gut Ding will Weile haben

ein altes Zitat, das in der heutigen Zeit verloren scheint.

Heute denken viele das sie nach einem Wochenende einige Techniken gut können, das sie nach ein paar Wochen eine wertvolle Methode können, das sie durch das Anschauen eines Videos ein Pferd behandeln können…

Doch um ein Ding gut zu machen braucht es Übung und Jemand der bei der Übung zuschaut und Verbesserungsvorschläge macht.

Versuch und Irrtum ist ein wichtiges Instrument des Lernens und Ausprobieren gehört dazu. Ich bin ein großer Fan davon, wenn man an sich selbst übt und an sich selbst die Irrtümer erfährt. Denn dann kann man sie beenden, wenn sie deutlich werden.

Beim Umgag mit einem andern, stummen Lebewesen ist das was anderes, finde ich.

Da ist es wichtig gut angeleitet zu werden, um keinen Schaden anzurichten. Mag dieses stumme Wesen nun ein Baby, ein alter, oder kranker Mensch, oder ein Tier sein.

Mit stumm meine ich nicht nur die, die nicht sprechen können, sondern auch die, die es sich verkneifen ein deutliches Feedback zu geben. Die gibt es, bei den Tieren, wie bei den Menschen. Die einfach aushalten, was man mit ihnen tut.

Da ist es besonders wichtig zu wissen, was man tut.

Und gute Technik und Wissen braucht Übung.

“it takes practice” sagt Linda Tellington-Jones immer.

Ich wünsche mir das die Menschen sich wieder mehr Zeit, mehr Weile, nehmen, die wertvolle Dinge gut zu lernen, statt im Instant-Verfahren.

Ich glaube die Pferde würde wieder gesünder werden, wenn wieder mehr Ruhe und Qualität Einzug hält, statt von allem ein bisschen….

Sicherheitsregeln

Sicherheitsregeln

Sicherheitsregeln, die, in meiner Kindheit, jeder lernte und die für mich bis heut wichtig sind: Zum Schutz des Pferdes, zu meinem und zu dem des Umfeldes.

Überfordere weder dich noch dein Pferd
Sowohl was körperliche Leistung als auch mentale Fähigkeiten angeht. Wenn etwas sich nicht gut anfühlt, lasse es.

Türen immer ganz auf und ganz zu machen
Zum Einen wird so besser gesehen ob eine Tür noch offen ist, zum Andern, und das ist der wichtigere Grund, kann das Pferd nicht mit Schulter oder Becken an der Tür hängen bleiben, wenn es durchgeht, weil sie nicht weit genug geöffnet ist, oder weil der Führende die Länge oder Breite seines Pferdes schlecht abschätzt. Ein unerwünschtes Durchschlüpfen wird ebenfalls verhindert.

Leinen oder Zügel nie auf dem Boden, in der Nähe des Pferdes.
Wer seine Longe oder lange Leinen sortieren muss tut das mit reichlich Abstand. Am Pferd achtet man darauf das Zügel, oder andere Leinen, nicht am Boden sind, damit das Pferd nicht drauf treten und sich weh tun kann. Der Ruck ins Genick oder an andere Stellen am Kopf ist schmerzhaft und wenn die Beine in die Leinen kommen kann Panik entstehen und das Pferd kann nicht mehr gut kontrolliert werden, wenn es die Seile um die Beine hat, oder auch noch mit einem Fuß drauf steht.

Eine Pferdelänge Abstand
Und dabei beachten ob das für das eigene und das andere Pferd, eine ausreichende Entfernung ist. Fühlt sich ein Pferd unwohl, Abstand erhöhen.
Diese Regel wird heute oft vergessen, gerade bei der Bodenarbeit. Der Führende ist so mit sich beschäftigt, das er die anderen Pferde und Menschen kaum wahrnimmt, oftmals nicht mal beim eigenen erkennt, das es sich unwohl fühlt. Hier hilft der „weiche Blick“ aus dem Centered Riding. Neben der Sicherheit ist es auch Höflichkeit den anderen Lebewesen gegenüber.

Junges Pferd – ausgebildeter Reiter; junger Reiter – ausgebildetes Pferd
Das „Jung“ bezieht sich hier nicht auf das Alter, sondern auf den Ausbildungsstand. Die Idee: Wenigstens einer im Team sollte wissen was er tut und gut reagieren können um dem Andern zu helfen, oder dessen noch nicht ausreichende Fähigkeiten auszugleichen.

Halfter immer schließen, am Pferdekopf
Der baumelnde Karabiner kann, besonders im Sommer, schmerzhaft auf den Pferdekopf schlagen, wenn das Pferd sich wegen Fliegen schüttelt. Schlimmstenfalls kann das Schütteln sogar das Halfter runterrutschen lassen, was dem eine Pferd Sorge bereiten könnte oder dem andern den Weg zur Flucht eröffnet, im falschen Moment.

Stricke/Leinen nicht um die Hand wickeln

Halfter nicht am Anbinder hängen lassen, oder auf den Boden legen, beim oder nach dem Auftrennen, sondern im Arm halten, oder aufhängen. Auch das ist nicht nur ein Sicherheitstool, sondern auch ein Zeichen von Respekt den Andern gegenüber.

Beim auf die Weide bringen die Pferde umdrehen, Kopf zur Tür, so das sie bei einem evtl. Losstürmen mit Bocken erst dann die Hinterhufe fliegen lassen, wenn sie weit genug weg sind. Bei knackigen Pferden ist es gut dann so zu stehen, das man selbst noch etwas zurück gehen kann und nicht schon am Zaun ist.
Werden mehrere Pferde freigelassen absprechen: 3,2,1 los oder einer fragt: Alle bereit? Und nach einem Ja von Allen: Dann los!

Strassen immer gemeinsam überqueren.

Bei der Begegnung mit andere Reitern im Gelände: Durchparieren zum Schritt, genügend Abstand halten

Kommt man in die Dunkelheit, Reflektoren nach vorne und hinten

Sporen nur im Sattel tragen. Nicht damit rumlaufen oder gar Bodenarbeit machen. Man kann hängen bleiben sich oder anderen damit verletzen.

Gute Schuhe! Beim Reiten mit Absatz und glatter, ausreichend langer Fläche vorn auf dem Fuß, so das man weder mit dem Schuh durch den Bügel rutschen kann, noch bei einem Sturz mit Bändern oder Zunge (Schuh) hängen bleibt.

Deckengurte und andere Riemen (auch am Kopf) immer so eng schnallen, das kein Huf dazwischen passt.

Pferde ansprechen wenn man sich ihnen nähert. Neben der Sicherheit ist das für mich inzwischen auch eine Höflichkeitsregel, das Pferd zu grüßen, wenn ich zu ihm komme und schau, das es mich sieht, bevor ich nah bin. Würde ich bei einem Menschen auch tun.

Zum Bein anfassen, vorher am Rücken oder Schulter berühren und runter streichen. Für Pferde ist die Gesundheit und Freiheit ihrer Beine ein großer Sicherheitsfaktor, darum löst eine unerwartete Berührung instinktiv ein Schutzverhalten aus. Auch wenn sie gelernt haben trotzdem stillzustehen löst es im Gehirn Stress aus. Darum streiche ich mich immer zum Bein, statt einfach hin zu fassen.

Bei Durchgängen die Länge des Pferdes im Blick halten, so das die Kurve er Biegefähigkeit des Pferden angepasst wird

Beim Verladen immer erst die Stange zu, bevor man anbindet

Handzeichen beim Reiten in der Gruppe für Verlangsamung und Beschleunigung. Nur nach Absprache und mit Beachtung der Pferde, im höheren Tempo überholen.

Die beste Sicherheitsregel ist eine gute Ausbildung von Pferd und Reiter

Müssen Pferde Seitengänge gehen um gesund geritten zu werden?

Müssen Pferde Seitengänge gehen um gesund geritten zu werden?

NEIN!
Müssen Pferde Versammlung erarbeiten, um gesund geritten zu werden?
NEIN!
Die heutigen Dogmen der Freizeitreiterwelt reduzieren den Freude-Faktor für Pferd & Reiter. Soviel MUSS, so wenig KANN.
Meine Sicht:
Ein Pferd braucht einen Reiter, der sein Gleichgewicht nicht stört, weder mit der Hand noch mit dem Sitz.
Es braucht eine vernünftig Hufbearbeitung, damit es seine Beine gerade auf einen tragfähigen Huf stellen kann.
Es braucht einen passenden Sattel, der es weder in der Schulter, noch an den Wirbeln, in den Nieren oder am Becken drückt.
Es braucht ein zumindest relativ gut gemachtes Pferdegebiss, das dem Kiefer erlaubt sich schmerzfrei zu bewegen.
Und es braucht Bewegung – so das es nicht nur im “Sportstudio” Reitbahn an längeren und kürzeren Leinen auf Volten rumkringeln und schräg laufen muss, sondern auch mal “Joggen & Wandern” darf, draussen, lang, gerade & vorwärts.
Und es braucht einen Menschen, der mit ihm zufrieden ist und sich freuen kann, und nicht ständig besorgt ist, das es zu wenig Stellung hat, zu wenig Versammlung, zu wenig Muskeln, mehr Anlehnung haben muss, den Kopf höher, tiefer oder schiefer halten sollte.
Der lange Hals ist die Balancestange des Pferdes. Stell dir vor du wärst ein Seiltänzer mit einer langen Balancestange und jemand anders bewegt sie für dich. Wie gut würdest du dich fühlen?
Lassen wir den Pferden ein bisschen mehr Freiheit ihre Balancestange zu nutzen, ihren Kopf so zu bewegen, das sie sich ins Gleichgewicht bringen können und ihr Körpergefühl behalten oder auch wieder ein Stück davon wiederfinden können, weil sie wieder fühlen können, was sie tun, wenn der Kopf frei ist.
Den Kopf frei zu lassen bedeutet nicht einfach ohne Zügel zu reiten, oder ohne Verbindung. Verbindung kann schön sein, wenn sie nicht stört oder einschränkt, sondern sich für das Pferd elastisch anfühlt. Zügelhilfen aus einem langen Zügel heraus stören immer die Balance.
Kann unser Pferd frei atmen? Nicht nur am Ende unserer Arbeitseinheit, oder in den Pausen, sondern in jedem Moment.
Das wäre dann Losgelassenheit – der erste Schritt für gute Balance, Gesundheit & Lebensfreude
Vielleicht sollten wir uns alle öfter fragen, ob unsere Pferde lächeln können, bei dem was wir mit ihm tun.

Wie mein Reiterleben wieder einen Sinn bekam

Im Sommer 2002 befand sich mein “Reiterleben” am Tiefpunkt meiner “Karriere“”, wenn man das, was ich all die Jahre unter Reiten verstand, mal so nennen möchte.
Es begann alles ganz harmlos. Im Frühling bemerkte ich, dass ich aus unerfindlichen Gründen an einen Punkt gelangt war, von dem aus es nicht weiter zu gehen schien. All die noch so gut gemeinten Ratschläge und Tips führten zu keinem Erfolg. Im Gegenteil. Ich hatte sogar das Gefühl, dass ich von Mal zu Mal schlechter ritt und die Kommunikation mit dem Pferd nicht mehr klappen wollte. Das war jedoch noch nicht alles. Ich stellte plötzlich fest, zumindest meinte ich es, und redete mir das auch fleißig ein, dass alle um mich herum immer besser wurden. Selbst Reitanfänger machten Fortschritte, die ich jede Stunde ganz klar erkennen konnte. Nur bei mir schien alles immer schlechter zu werden. Zu dieser Zeit geschah es, dass eine gute Freundin von mir vom Pferd fiel und sich verletzte. Dazu muss man sagen, es handelte sich um einen Bruch, der operiert werden musste, und dessen Heilung Zeit in Anspruch nahm. Meine Freundin ist Berufsreiterin und arbeitet auf dem Reiterhof ihrer Eltern. Sie fiel also für Wochen aus. Das bedeutet für ein solches Unternehmen einen großen Verlust und einen erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand. So halfen alle, wo sie nur konnten.
Ich durfte nun mehrere Pferde reiten, darunter auch eine junge Stute, die einen starken Vorwärtsdrang hatte. Bei diesem Pferd handelt es sich um ein buchstäbliches Naturtalent. Sie hat sowohl eine natürliche, stark ausgeprägte Veranlagung zum Spring- als auch zum Dressurpferd, ein ideales Vielseitigkeitspferd für den ambitionierten Turnierreiter. Nun saß ich also (als reiner Freizeitreiter) auf diesem Pferd und begann zu arbeiten. Im Schritt kamen wir blendend miteinander zurecht. Im Trab begann
die Stute immer schneller zu werden und unter mir “davon zu rennen”. Es brauchte reichlich Kraft und Konzentration, dieses Energiebündel zu „kontrollieren“. Dann wollte ich galoppieren. Diese Angelegenheit stellte sich als unlösbares Problem heraus. Wir fanden einfach nicht zusammen. Entweder rannte sie im Trab davon oder buckelte, schlug nach hinten aus, um dann nach einem Galoppsprung wieder auszufallen. Ich sah mich nicht in der Lage, das Pferd zum Galoppieren zu bringen.
Auch die darauf folgenden Tage kamen wir zu keinem Ergebnis. Meine Freundin, die unsere Versuche ständig beobachtete, ermunterte mich, nicht aufzugeben. Schließlich handele es sich um ein junges, unerfahrenes Pferd. Mich trösteten diese Worte allerdings nicht. Im Gegenteil. Wieder einmal hatte ich es nicht geschafft, eine weitere Niederlage…..
So kam es, dass ich ernsthaft mit dem Gedanken spielte, die Reiterei (nicht die Pferde, nur das Reiten) aufzugeben.

Ein glücklicher Zufall führte mich in die Tierarztpraxis. Dort las ich am schwarzen Brett eine Anzeige zu einem Kurs mit Anke Recktenwald. Ich hatte zwar schon etwas von ihr gehört, mich aber nie damit beschäftigt.
Ich las also voller Interesse die Kursbeschreibung, nahm mir sicherheitshalber die Kontaktdaten von Anke mit und überlegte hin und her, ob sich ein Versuch lohnen würde. Mein Freund gab mir schließlich den entscheidenden Anstoß. Er sagte, ich wollte immer schon mal einen Reitkurs machen und immer schwärme ich davon, Pferde ganz ohne Gewalt auszubilden und zu reiten. Außerdem habe er über Linda Tellington schon einiges gehört und sei der Meinung, mir könnte das gefallen. Nun gut, da war ich nun, verlieren konnte ich nichts und so beschloss ich, den Kurs zu buchen.
Voller Aufregung und Neugierde kam ich zum Ort der Veranstaltung und lernte viele nette Menschen und Pferde kennen. Die meisten Kursteilnehmer waren genau so aufgeregt und neugierig wie ich. Als der Unterricht dann endlich begann, fühlte ich mich ein wenig verunsichert. Diese Art des Umgangs mit Pferden hatte so gar nichts mit dem zu tun, was ich seit Jahren praktizierte. Die Unsicherheit legte sich jedoch sehr schnell und ich erkannte, dass Tellington TTouch eine effektivere Methode im Umgang mit Pferden war als alles, was ich bisher gesehen hatte. Als es endlich ans Reiten ging, fühlte ich mich wieder wie ein absoluter Anfänger, dieses Mal allerdings ohne Scham. Ich war neugierig geworden und entdeckte neue, ungewohnte und doch spielend einfache Bewegungen. Das „rückwärts Fahrrad fahren“ war eine dieser Bewegungen, und es verbesserte in kurzer Zeit nicht nur mein Gefühl für die Bewegung des Pferdes, sondern auch dessen Takt. Ganz erstaunt war ich, als ich plötzlich durch den Bau des „Schneemanns“ ganz von selbst und ohne Anstrengung aufrecht sitzen konnte. Das Beste allerdings war, dass ich diese Haltung mühelos beibehalten konnte. Ich lernte an diesem Wochenende mehr, als in den Jahren zuvor. Das heißt nicht, dass ich vorher schlechte Lehrer hatte oder welche die dies nicht erklären konnten. Ich konnte es einfach nicht umsetzen, weil mir nicht bewusst war, was ich tat, und somit war es auch unmöglich, Dinge zu ändern.
Ich fuhr also gut gelaunt und voller Inspiration nach Hause. Gedanken, ob und wie ich das neu Erlernte umsetzen konnte, machte ich mir allerdings nicht. Gleich zwei Tage nach dem Kurs bestieg ich wieder die junge Stute. Und ohne dass ich mich besonders darauf konzentrieren musste, konnte ich das „neue Reiten“ abrufen, ich tat ich es einfach. Das Ergebnis war phänomenal. Die Stute arbeitet von der ersten bis zur letzten Minute willig mit. Es kam kaum noch zu Situationen, in denen Sie unter mir davonlief. Das Beste war allerdings, dass ich galoppieren konnte ohne Buckeln, Austreten und Losstürmen. Alles verlief ruhig und harmonisch. Ich musste nur in eine Richtung denken und sie lief dorthin. Übergänge wurden weich und fließend, und das Reiten machte plötzlich enorm viel Spaß. Das fiel dann auch den Zuschauern auf, und meine Freundin war fassungslos. Sie fragte gleich, was ich denn auf einmal gemacht hätte, sie erkenne weder mich noch das Pferd wieder. Meine Antwort war kurz: Fahrrad fahren!

Ich habe durch Anke noch mehr solcher Erfahrungen gemacht und sie helfen mir, Niederlagen und vermeintliche Rückschritte, bzw. Stillstände zu verkraften. Auch wenn es einmal nicht auf Anhieb gelingt, so ist die Gewissheit da, dass der Erfolg jeder Zeit mit den richtigen Anweisungen, Bildern, Konzentration und vor allem ganz ohne Kraftaufwand wieder herbeigeführt werden kann. Miriam Alsfasser